Bereits zum 21. Mal ging gestern, Sonntag, das Europa-Forum Wachau im Stift Göttweig mit dem zweiten Veranstaltungstag zu Ende. Nach den einleitenden Worten von Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll sprachen auch Franz-Josef Lersch-Mense, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen und Chef der Staatskanzlei, Mag. Wilhelm Molterer, Geschäftsführender Direktor des Europäischen Fonds für Strategische Investitionen, der ehemalige Präsident und Premierminister der Tschechischen Republik Prof. Dr. Václav Klaus und Dr. Reinhold Mitterlehner, Vizekanzler und Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll sagte, dass seine Aufgabe am zweiten Veranstaltungstag jene sei, „ein Bindeglied vom gestrigen zum heutigen Tag herzustellen". „Danke, dass Sie gekommen sind", sagte Pröll weiters: „Wir haben am gestrigen Tag das getan, was wir schon 21 Mal hier am Göttweiger Berg getan haben. Wir haben uns sehr kritisch damit auseinandergesetzt, was sich an Entwicklung auf diesem Kontinent und in der Europäischen Union tut", so Pröll. Der Landeshauptmann führte aus, dass sich dabei gezeigt habe, „dass es offensichtlich in irgendeiner Art und Weise das Gefühl gibt, um die EU war es schon besser bestellt, als das heute der Fall ist". Es habe jedoch schon Phasen gegeben, in denen die Herausforderungen noch größer gewesen seien, so Pröll.
Es sei „die gesamte Migrationsfrage, die uns unglaublich fordert" und es gebe „eine Reihe an Krisen, die noch nicht komplett überwunden sind", sprach Pröll von vielen Fragezeichen. So gebe es Mitglieder der EU, die sich den Kopf zerbrechen würden, wieder aus der Gemeinschaft auszubrechen. „Wir haben gestern versucht, in einigen grundsätzlichen Punkten eine Antwort zu finden. Es ist notwendig, dass in Europa in der Europäischen Union das Wir-Gefühl wieder viel stärker entwickelt werden muss", sagte der Landeshauptmann, dass dieses „Wir-Gefühl" zu bröckeln begonnen habe. Damit sei zu wenig Kraft vorhanden, um gut in die Zukunft zu gehen. Die Frage, die sich stelle, sei, welche Rolle Europa zu spielen habe. Diese sei sehr vielfältig, so Pröll. „Wer die Rechte der Gemeinschaft der Europäischen Union beansprucht, muss auch wissen, dass er auch Pflichten hat", betonte der Landeshauptmann, dass sich jeder einbringen müsse, „damit das gemeinsame Ganze nicht auseinanderdriftet".
„Es ist uns wieder etwas gelungen, nämlich einen kleinen Beitrag dazu zu leisten, dass wir mit einem Quäntchen mehr an Europabewusstsein und Klarheit in der Vorgehensweise weggehen können vom Göttweiger Berg", so Pröll. Hauptaufgabe des Europa-Forum Wachau sei es, „dass diejenigen, die sich schon früher kennengelernt haben, den Kontakt auffrischen konnten und die, die neu dazugekommen sind, neue Kontakte knüpfen konnten". Der persönliche Kontakt sei wichtig, „um das Wir-Gefühl entsprechend wachsen lassen zu können", bedankte sich der Landeshauptmann bei allen Rednern und für die umsichtige Führung bei Landesrätin Mag. Barbara Schwarz, Präsidentin des Europa-Forum Wachau, und Prof. Paul Lendvai.
Franz-Josef Lersch-Mense, Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen und Chef der Staatskanzlei, bedankte sich für die Einladung „aus Sicht eines deutschen Bundeslandes Stellung nehmen zu können". Die Atmosphäre in diesen alten Mauern lade zum Austausch ein, Stift Göttweig sei „ein geeigneter und inspirierender Ort für solche Gespräche". Das Forum habe bereits Tradition und es sei „in diesen Tagen nötiger denn je, sich auszutauschen darüber, was uns verbindet", so Lersch-Mense. Europa habe sich seit dem Beginn des Austauschs fundamental geändert, was aber geblieben sei, sei „das Versprechen auf eine bessere Zukunft, vor allem für die Länder mit Beitrittsperspektiven". Lersch-Mense meinte, dass die Planer noch eine kleinere EU im Blick gehabt hätten, diese sei sehr schnell gewachsen, es sei aber nicht in allen Bereichen nachjustiert worden. „Für eine stärkere Akzeptanz müssen wir gemeinsam an ihr arbeiten", betonte er, dass „Missstände, dort, wo sie bestehen" genannt werden und Verbesserungsvorschläge gemacht werden müssten.
Es war tatsächlich schon einfacher über Europa zu reden", betonte Mag. Wilhelm Molterer, Geschäftsführender Direktor des Europäischen Fonds für Strategische Investitionen, dass „der Anspruch für alle, die für Europa reden" gestiegen sei. „Das ist eine Herausforderung für uns alle", so Molterer. „Das Haus Europa hat in den letzten Jahren deutlich gezeigt, wo die Konstruktionsmängel liegen". Man habe „unterschätzt, in welchen Zeiten wir leben können", man müsse daher nun „etwas nachholen, was wir versäumt haben", betonte Molterer, dass das Haus Europa „erdbebensicher" gemacht werden müsse. „Wir können auf etwas aufbauen", betonte Molterer Frieden, Wohlstand und Sicherheit. „Do the necessary", betonte Molterer, dass die Europäische Union das Notwendige tun müsse und dass diese starke Befürworter brauche, „die lautstark auftreten - auch dann wenn es nicht einfach ist".
Der ehemalige Präsident und Premierminister der Tschechischen Republik Prof. Dr. Václav Klaus bedankte sich herzlich für die Einladung in diese „wunderschöne und mit Wein verbundene Gegend". „Dieses Jahr haben wir eine spezifische Situation im ganzen Europa", betonte Klaus. Der Titel der diesjährigen Konferenz sei interessant. „Ich finde es inspirierend dazu etwas sagen zu dürfen", bedankte er sich für diese Gelegenheit. „Im Moment der finanziellen und wirtschaftlichen Krise des vergangenen Jahrzehnts habe ich oft gesagt, dass die Europäische Union nur für gutes Wetter vorbereitet ist", damit meine er „die Paramater des Wirtschafts- und Sozialsystems auf der einen Seite und die der institutionellen Gestaltung der Europäischen Integration auf der anderen Seite". Es gehe vor allem um „Freundschaft, Respekt und Zusammenarbeit der Länder Europas". Die Migrationskrise biete nun eine weitere Gelegenheit zur Wende. Hoffentlich werden wir nicht auf ein permanent schönes Wetter setzen", so Klaus.
Vizekanzler Bundesminister Dr. Reinhold Mitterlehner bedankte sich dafür, dass diese Einrichtung fast schon ein Vierteljahrhundert aufrecht erhalten werde. „Wir sind Europa und die Auseinandersetzung ist, wie man an den Themen bemerkt hat, wichtig", stellte Mitterlehner auch die Frage ob man ein Haus gebaut habe, „das von der Konstruktion ein Schönwetter-Haus ist". Es sei aber nicht entscheidend, ob die Gründerväter diese Problematik erkannt hätten. So sei die EU letztlich eine Reaktion auf die Krise gewesen. „Wir definieren uns am Projekt. Wir definieren uns an der Krise", betonte Mitterlehner, dass die Frage nicht sei, ob der Bau richtig sei, denn es sei „die Idee richtig". „Wir haben auch viel erreicht", hob Mitterlehner den Frieden und die damit verbundene längste Friedensperiode hervor. „Europa wird immer noch zitiert als das Modell, das andere Nationen anstreben". Die EU müsse „big on big things and small on small things" sein. Ein weiterer Punkt seien die gesellschaftlichen Herausforderungen. „Europa ist lern-, Europa ist vor allem entwicklungsfähig. Es ist ‚work in progress\'", so Mitterlehner.
Das diesjährige Europa-Forum Wachau, das auch heuer wieder von Prof. Paul Lendvai moderiert wurde, stand ganz im Zeichen des Themas „Europa - in Wohlstand geeint, in Krisen gespalten?". Im Zuge der gestrigen abschließenden Plenarveranstaltung wurden auch die Résumées der Arbeitskreise unter Einbeziehung der Schülerinnen und Schüler des BRG Kremszeile präsentiert. Getagt wurde zu den Themen „Die EU, ein relevanter sicherheitspolitischer Akteur für das 21. Jahrhundert?", „Globale Krisen - regionale Lösungen", „Wirtschaftswachstum - Sozialunion - Nachhaltigkeit: europäische Quadratur des Kreises?" sowie „Die sanfte Macht der Kultur: Kulturdiplomatie als Weg der EU-Außenpolitik".
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