Das wasserrechtliche Beschwerdeverfahren

Gegen im Wasserrechtsverfahren erlassene Bescheide der Wasserrechtsbehörden „Bezirksverwaltungsbehörde" (= Bezirkshauptmannschaft, Magistrat), „Landeshauptmann" und Bundesministerium für Land und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft steht den Parteien das Beschwerderecht an das Landesverwaltungsgericht zu.


Zuständigkeit

Das Landesverwaltungsgericht ist zur gerichtlichen Kontrolle der Verwaltung eingerichtet. Die Zuständigkeiten des Landesverwaltungsgerichtes werden in der österreichischen Bundesverfassung und einzelnen Gesetzen des Bundes und des Landes Niederösterreich geregelt. Das Landesverwaltungsgericht ist im Wasserrecht über Beschwerden berufen und entscheidet durch einen einzelnen Richter.

Verfahrensablauf

Ist jemand mit einem ihn betreffenden Akt einer Behörde nicht einverstanden, kann er dagegen Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erheben. Eine derartige Beschwerde ist etwa gegen einen Bescheid (zB die Nichterteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung), gegen sogenannte Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (zB die unmittelbare Anordnung von Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung) aber auch gegen die Untätigkeit einer Behörde denkbar.

In dieser Beschwerde müssen unter anderem ein Begehren (zB die Erlassung eines Bescheides) und die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Aktes (zB wegen Beeinträchtigung des eigenen Wasserrechts) stützt, angeführt werden. Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht nicht zwingend geboten.

Mit Ausnahme des Gemeindebereiches (zB NÖ Wasserleitungsanschlussgesetz) kann gegen jeden Bescheid sofort, also ohne weitere Beschreitung eines Instanzenzuges, Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht erhoben werden.

Partei ist auch die belangte Behörde.

Nach einer ersten Prüfung der Beschwerde führt das Landesverwaltungsgericht, von Ausnahmefällen abgesehen, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser können der Beschwerdeführer und die Behörde ihren jeweiligen Standpunkt darlegen. Außerdem werden alle zur Klärung des Falles erforderlichen Beweise, wie etwa die Einvernahme eines Zeugen oder die Abhaltung eines Augenscheines, aufgenommen.

Sobald das Ermittlungsverfahren abgeschlossen ist, entscheidet das Landesverwaltungsgericht über die Beschwerde. Diese Entscheidung kann zB eine Aufhebung oder Abänderung des bekämpften Bescheides aber auch eine Abweisung der Beschwerde sein.

Gegen die Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichtes ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zur Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zur Klärung von Verfassungsfragen zulässig.

Verfahrensbestimmungen

Für das Beschwerdeverfahren gelten in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Regeln des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), soweit nicht im 3. Abschnitt des 2. Hauptstückes des VwGVG anderes bestimmt ist. Inhaltlich sind vom Verwaltungsgericht diejenigen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes anzuwenden, die von der Behörde (je nach Verfahrensart) anzuwenden waren.

Einbringung und Erfordernisse der Beschwerde

Die Beschwerde muss schriftlich oder mit Fax oder per Email (aber jedenfalls elektronisch unterschrieben, d.h. signiert!) innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Zustellung des Bescheides eingebracht werden. Sie muss aber nicht von einem Rechtsanwalt verfasst oder von diesem unterschrieben sein. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt beträgt sechs Wochen.

Die Beschwerde ist bei der bescheiderlassenden Behörde einzubringen. Wird die Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht eingebracht,  hat das Landesverwaltungsgericht in einem solchen Fall die Beschwerde an die bescheiderlassende Behörde weiter zu leiten. Die Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt ist direkt an das Landesverwaltungsgericht zu richten.

Die Erfordernisse der Beschwerde können der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheids entnommen werden (schriftlich, Frist, Einbringungsbehörde, Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, Begründung, Beschwerdeantrag). Weicht diese von den gesetzlichen Vorgaben ab, ist die Beschwerde formell korrekt, wenn sie entweder dem Gesetz oder der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung entspricht.

Bitte beachten Sie: Das Verwaltungsgericht prüft in der Regel nur im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdegründe/des Begehrens (vgl. § 27 VwGVG) - das ist bei Abfassung der Beschwerde besonders zu bedenken. Wesentlich ist daher das Erfordernis eines Beschwerdeantrags (Was soll das Landesverwaltungs-gericht überhaupt tun?) und einer Begründung. Selbstverständlich sollte klar erkennbar sein, dass es sich um eine Beschwerde handelt und welcher Bescheid welcher Behörde überhaupt gemeint ist. Die Beschwerde muss unterschrieben sein.

Beschwerden sind nach dem Gebührengesetz 1957 gebührenpflichtig.

Die Beschwerde hat auch Angaben zur Rechtzeitigkeit zu enthalten (vgl  § 9 VwGVG).

Beschwerdevorentscheidung

§ 14 Verwaltungsgerichtsbarkeitsverfahrensgesetz (VwGVG) ermöglicht es der bescheiderlassenden Behörde, selbst über die Beschwerden zu entscheiden. Sie kann die Beschwerde binnen zwei Monaten nach Einlangen bei der Behörde durch Beschwerdevorentscheidung erledigen. Dabei kann die Beschwerde als unzulässig oder verspätet zurückgewiesen werden oder der Bescheid aufgehoben oder nach jeder Richtung abgeändert werden.

Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Berufung dem Landesverwaltungsgericht  zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat  aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat oder von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat. Verspätete oder unzulässige Vorlageanträge sind von ihr zurückzuweisen.

Entscheidungspflicht

§ 28 VwGVG normiert, dass das Verwaltungsgericht die Rechtssache in der Sache selbst zu entscheiden und durch Erkenntnis zu erledigen hat, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Das Landesverwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls-und Zwangsgewalt im Umfang des Begehrens und der Gründe zu überprüfen (Prüfungsumfang).

Bei mangelhafter Sachverhaltsermittlung durch die Behörde (Bezirksverwaltungsbehörde oder Landeshauptmann) kann das Landesverwaltungsgericht den Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen.

Im Übrigen steht es dem Verwaltungsgericht frei, wie es das Verfahren gestaltet. Es kann gleich entscheiden oder ergänzende Erhebungen durchführen. Es muss neue Tatsachen sowie eine Änderung der Sach- und Rechtslage berücksichtigen. Sowohl im Spruch als auch in der Begründung kann das Landesverwaltungsgericht seine Anschauung an die Stelle jener der Behörde setzen. Der angefochtene Bescheid kann nach jeder Richtung abgeändert werden, also auch zum Nachteil des Beschwerdeführers.

Das Verfahren endet in der Regel durch den (bestätigenden oder ab/zurückweisenden) Bescheid des Verwaltungsgerichts. Es kann aber in bestimmten Fällen auch formlos enden, z.B. durch Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer.

Säumnisbeschwerde

Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann erst erhoben werden, wenn die Behörde nicht innerhalb von sechs Monaten entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag bei der Wasserrechtsbehörde eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen war.

Die Behörde kann innerhalb einer Frist von bis zu 3 Monaten den Bescheid nachholen. Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, hat sie die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Gerichtshöfe des Öffentlichen Rechts

Jedes Erkenntnis hat eine Belehrung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und einer ordentlichen oder außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof zu enthalten. Die Einbringungsfrist der Beschwerde bzw. Revision beträgt 6 Wochen. Eine solche Beschwerde muss von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Jede Belehrung hat ferner auf die für eine Beschwerde bzw. Revision zu entrichtende Eingabegebühren hinzuweisen.

Im Gegensatz zum Landesverwaltungsgericht können diese Gerichte nur mehr die Richtigkeit der Entscheidung überprüfen, d.h. den angefochtenen Bescheid bestätigen oder ihn aufheben, nicht aber in irgendeine Richtung korrigieren.

 

weiterführende Links

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Letzte Änderung dieser Seite: 6.10.2023
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