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13.06.2016 | 08:08

LH Pröll beim Europa-Forum Wachau: „Flüchtlingsproblem ist Nagelprobe für EU"

21. Europa-Forum im Stift Göttweig eröffnet

Beim Europa-Forum Wachau im Stift Göttweig: Moderator Prof. Paul Lendvai, Prälat Mag. Columban Luser (Abt von Stift Göttweig), Landesrätin Mag. Barbara Schwarz, Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll, Daniel Mitov (Außenminister Bulgarien), Dr. Lazar Comanescu (Außenminister Rumänien), Dr. Miro Kovac (Außenminister Kroatien), EU-Kommissar Dr. Johannes Hahn und der österreichische Außenminister Sebastian Kurz. (v.l.n.r.)
Beim Europa-Forum Wachau im Stift Göttweig: Moderator Prof. Paul Lendvai, Prälat Mag. Columban Luser (Abt von Stift Göttweig), Landesrätin Mag. Barbara Schwarz, Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll, Daniel Mitov (Außenminister Bulgarien), Dr. Lazar Comanescu (Außenminister Rumänien), Dr. Miro Kovac (Außenminister Kroatien), EU-Kommissar Dr. Johannes Hahn und der österreichische Außenminister Sebastian Kurz. (v.l.n.r.)© NLK Diese Datei steht nicht mehr zum Download zur Verfügung. Bild anfordern

„Die EU muss gemeinsam das Flüchtlingsproblem lösen. Diese Frage ist die Nagelprobe für die EU, daran wird sich zeigen, ob in Europa die gelebte Solidarität stärker ist als der nationale Egoismus", sagte Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll am vergangenen Samstag im Zuge der Eröffnung des diesjährigen Europa-Forums Wachau im Stift Göttweig. Bis Sonntag stand dort das Thema „Europa - in Wohlstand geeint, in Krisen gespalten" im Zentrum der Referate und Arbeitskreise. Moderiert wurde die Veranstaltung auch heuer wieder in bewährter Form von Prof. Paul Lendvai.

Seit 21 Jahren diene das Europa-Forum zur kritischen Auseinandersetzung mit aktuellen Entwicklungen auf dem Kontinent und zur Kontakt-Aufnahme und Kontakt-Pflege zwischen Ländern, Regionen und Personen, betonte der Landeshauptmann. Das Ziel sei in all den 21 Jahren gleich geblieben: so Pröll: „Wir wollen mit unseren Gesprächen über Europa das Bewusstsein für Europa stärken." Dabei habe die Europäische Union „mit Sicherheit schon bessere Zeiten erlebt", meinte er: „Die Situation ist geprägt von der Flüchtlingskrise, eine Reihe von anderen Krisen ist noch nicht endgültig bewältigt und es gibt Länder, die sich mit dem Gedanken tragen, aus dem gemeinsamen Europa auszusteigen", sagte der Landeshauptmann: „Immer öfter bröckelt der europäische Gemeinschaftssinn, immer deutlicher verliert der europäische Geist an Kraft und das bringt die Gefahr mit sich, dass das größere Europa immer mehr und mehr in das Nationale zerfällt. Das ist der Nährboden, auf dem Nationalismus und Populismus wachsen können und wachsen werden. Das kann nicht die Zukunft Europas sein und das darf nicht die Zukunft Europas sein."

„Nationalismus und Populismus sind die Spaltpilze Europas und führen ins Verderben", betonte Pröll in seiner Rede: „Schon die europäischen Gründungsväter haben gewusst: Nur wenn der Völkerhass, der nationale Egoismus und der Nationalismus überwunden werden können, kann es auch gelingen, dauerhaft Frieden in Europa zu fixieren."

Die Frage der Flüchtlinge sei „Nagelprobe für die EU", betonte Pröll: „So wie mit der Flüchtlingsnot derzeit umgegangen wird, kann es auf Dauer nicht funktionieren. Es kann nicht sein, dass einige Mitgliedsländer die Solidarität verweigern, noch dazu jene, die sich nach dem Zerfall des Kommunismus der Solidarität der anderen sicher sein konnten." Es sei „unverständlich, dass in einem Land die Flüchtlingsproblematik bewältigt wird, und 50 Kilometer weiter gesagt wird: Das geht uns nichts an - da machen wir nicht mit", so der Landeshauptmann. Wer die Rechte einer Gemeinschaft beanspruche, der müsse auch wissen, dass er Verpflichtungen habe: „Nur so kann Solidarität funktionieren, nur so können Partnerschaft und Nachbarschaft funktionieren und nur so hat Europa Bestand."

„Die EU muss als Existenzgarantie im weltweiten Konkurrenzkampf wahrgenommen werden", sprach der Landeshauptmann einen weiteren Aspekt an. Im Vergleich zu den großen Wirtschaftsräumen wie Amerika, China, Indien, Afrika und Russland wirke das große Europa relativ bescheiden, und das werde vor allem auch im Zusammenhang mit den Nationalstaaten in diesem Gefüge klar: „Unter diesen Größenverhältnissen sprechen wir über globale Herausforderungen wie Klimawandel, Wirtschaftsinteressen, Geldströme und Terrorismus. Kein Land in Europa ist groß genug, um sich alleine im globalen Wettbewerb behaupten zu können und bestehen zu können. Nur als starke Gemeinschaft und gemeinsamer Wirtschaftsblock haben wir eine Chance, den anderen Großmächten etwas entgegen zu setzen. Diese Rolle muss das gemeinsame Europa wahrnehmen, dann wird Europa auch von den Menschen entsprechend wahrgenommen."

Ein „Zurückbesinnen auf die Gründerväter" forderte auch die Präsidentin des Europa-Forums Wachau, Landesrätin Mag. Barbara Schwarz. „Sie haben damals beschlossen, ein Zeichen zu setzen und zusammen zu arbeiten, das Trennende wegzuschieben und das Gemeinsame nach vorne zu bringen." Diesen Geist wünsche sie auch dem Europa-Forum Wachau, so Schwarz.

Für eine solide Aufgabenteilung und für Subsidiarität trat in seiner Rede der EU-Kommissar für europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen, Dr. Johannes Hahn, ein. Die Herausforderungen für Europa werde man nur bewältigen können, wenn man gemeinsam agiere, betonte Hahn weiters: „Wir brauchen nicht nur ein Wir-Gefühl, wir brauchen auch ein nachhaltiges, europäisches Wir-Verhalten."

Dr. Miro Kovac, der Minister für auswärtige und europäische Angelegenheiten der Republik Kroatien, meinte: „Die EU hat immer wieder bewiesen, dass es ihr gelingt, aus Krisen stärker hervorzugehen." Auch er bezog sich auf die Gründungsväter: „Sie waren stolz auf die Errungenschaften ihrer Länder, aber sie strebten auch eine gemeinsame Zukunft an." Man könne stolz auf das Erreichte sein, so Kovac: „Die EU ist eine Erfolgsgeschichte, sie hat Frieden und Wohlstand geschaffen."

Die EU sei am Scheideweg, sagte Dr. Lazar Comanescu, Außenminister von Rumänien. „Die EU ist im Laufe ihrer Geschichte durch Krisen gegangen, aber letzten Endes hatten diese Krisen einen unterstützenden Effekt für Reformen." In Rumänien glaube die Bevölkerung an das europäische Projekt, betonte er: „Kein europäischer Mitgliedsstaat kann es alleine schaffen, und deswegen muss im Rahmen unserer Zusammenarbeit alles getan werden, um das europäische Projekt zu stärken."

„Wir brauchen eine ehrliche Debatte über Europa", betonte Daniel Mitov, der Minister für auswärtige Angelegenheiten der Republik Bulgarien: „Das ist jetzt besonders wichtig." Um die Krisen zu bewältigen, brauche es „ein Krisenmanagement, und wir müssen versuchen, Krisen gar nicht erst entstehen zu lassen." Man müsse die Herausforderungen, vor denen man stehe, „ganz klar erkennen" und „die Dinge beim Namen nennen", so Mitov.

In ganz Europa erlebe man derzeit die Situation, „dass gegensätzliche Konzepte aufeinander prallen", sagte der österreichische Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres, Sebastian Kurz, in seiner Rede. Es brauche daher „eine offene Diskussion", und er sei „froh, dass dieses Europa-Forum Wachau jedes Jahr ein Forum ist, bei dem diese Debatten offen geführt werden." Die Chance, wieder mehr Identifikation mit Europa zu erreichen, liege in einer besseren Aufgabenteilung und in einem Mehr an Subsidiarität, so Kurz weiters.

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