15.07.2010 | 16:53

Sitzung des NÖ Landtages

Mindestsicherung und Rechnungshofbericht

Der Landtag von Niederösterreich trat heute um 13 Uhr unter dem Vorsitz von Präsident Ing. Hans Penz zu einer Sitzung zusammen.

Nach Tagung der Ausschüsse heute Vormittag erfolgte zu Beginn der Sitzung eine Abstimmung über ein Abgehen von der 24-Stunde-Frist, das einstimmig angenommen wurde.

Die beiden ersten Geschäftsstücke wurden bei getrennter Berichterstattung und Abstimmung gemeinsam behandelt:

•·       Antrag mit Gesetzentwurf der Abgeordneten Mag. Schneeberger, Mag. Leichtfried u. a. betreffend Erlassung des NÖ Mindestsicherungsgesetzes (NÖ MSG). (Berichterstatter: Abgeordneter Hans Stefan   H i n t n e r ,   VP)

•·       Antrag betreffend Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung. (Berichterstatterin: Abgeordnete Heidemaria   O n o d i  ,   SP)

Abgeordneter Edmund   T a u c h n e r   (FP) eröffnete die Debatte: Die Mindestsicherung sei in der vorliegenden Form ein „untaugliches Instrument2. Sie trage zur Provokation geringfügig Beschäftigter bei und führe zu einer „sozialen Hängematte". Durch diese „Husch-Pfusch-Aktion" sei dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Der „Schildbürgerstreich" sei teuer, ineffizient und erhöhe den Druck auf den Sozialstaat. Seine Fraktion stehe dafür, dass sich Arbeit wieder lohnen müsse, und werde nicht zustimmen.

Abgeordnete Amrita   E n z i n g e r    (G) sprach von einer „äußerst schwierigen Geburt". Das „Kind" sei ungeliebt, noch bevor es geboren wurde, und wahrlich kein großer Wurf. Die Chance auf ein Gesamtpaket gegen die Armutsfalle und für ein menschenwürdiges Dasein sei vertan worden. Zudem werde die Belastung der Gemeinden steigen. Bei der Gemeinde vorstellig werden zu müssen, trage zudem zu Diskriminierung bei. Wenn Niederösterreich ein Familienland und eine soziale Modellregion sein wolle, müsste der Prozentsatz angehoben werden. Ihre Fraktion werde nicht zustimmen.

Abgeordnete Christa   V l a d y k a   (SP) sagte, der heutige Tag sei ein Freudentag. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung als dringend notwendige Reform der Sozialhilfe sei ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung. In Niederösterreich hätten hier die sachpolitischen Argumente gewonnen. Es existiere keine Wahlfreiheit zwischen Mindestsicherung und Arbeitsplatz. Ihre Fraktion werde diesen Gesetzesvorlagen gerne die Zustimmung geben.

Abgeordneter Helmut   D o p p l e r   (VP) ging auf diverse Details der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ein und bezeichnete die Einführung in Niederösterreich als sozialpolitischen Meilenstein. Seine Fraktion werde den Vorlagen daher gerne zustimmen. Angesichts der Tatsache, dass er im Herbst aus dem NÖ Landtag ausscheiden werde, dankte er den übrigen Abgeordneten für die Unterstützung und Zusammenarbeit während der vergangenen neun Jahre.

Abgeordneter Anton   E r b e r   (VP) sprach im Zusammenhang mit der Mindestsicherung von einer großen Zäsur im sozialen Bereich. Wichtig sei jedoch, stets das Individuum zu sehen und nicht alle über einen Kamm zu scheren. Ein Grundbekenntnis sollte dabei sein, dass jeder Niederösterreicher für Niederösterreich wertvoll ist. Die Mindestsicherung sei ein sehr gutes Instrument, doch müsse man kontrollieren, da man für das Steuergeld der BürgerInnen verantwortlich sei. Die Kontrolle solle eine Hilfestellung bieten und dafür sorgen, dass die Mindestsicherung keine Hängematte darstelle. Dieses Gesetz solle ein „Gesetz der Menschen" sein. Es sei zudem ein Zeichen eines sozialen Niederösterreich.

Landesrätin Mag. Johanna   M i k l - L e i t n e r   (VP) sprach von einer historischen Stunde und informierte, dass man hart und intensiv an diesem Gesetz gearbeitet habe und auf das Ergebnis stolz sein dürfe. 73 Prozent der Befragten würden die Mindestsicherung in Verbindung mit dem Transparenzkonto für eine gute Sache halten. Die Mindestsicherung werde in Niederösterreich nur 12 Mal ausbezahlt, da nicht einzusehen sei, dass die BezieherInnen das Gleiche bekommen wie PensionistInnen oder Angestellte mit geringem Gehalt. Es sei eine Groteske, von der Gleichstellung arbeitender und nicht arbeitender Menschen zu sprechen. Missbrauch müsse geahndet werden, Arbeitswilligkeit müsse vorliegen. Die Vorschreibung ärztlicher Untersuchungen sei ein Instrument, Missbrauch vorzubeugen. Faulheit sei in keinster Weise zu unterstützen, hier solle die befristete Bewilligung Einhalt gebieten. So sei die Mindestsicherung ein Netz und Sprungbrett zugleich.

Die beiden Anträge wurden mit Mehrheit von VP und SP angenommen.

Die beiden nächsten Tagesordnungspunkte wurden bei getrennter Berichterstattung und Abstimmung gemeinsam behandelt:

•·       Bericht der Rechnungshofes über Veranlagung der Erlöse aus der Verwertung der Wohnbauförderungsdarlehen und dem Verkauf der Beteiligungen (Reihe Niederösterreich 2010/5) - Berichterstatterin: Abgeordnete Ingeborg   R i n k e ,   VP.

•·       Antrag der Abgeordneten Mag. Leichtfried, Waldhäusl u. a. betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 47 LGO zur Klärung der politischen Verantwortung um die Entwicklung der Veranlagungen von Geldern des Landes Niederösterreich.

Abgeordneter Dr. Martin   M i c h a l i t s c h   (VP) eröffnete die Debatte: Der VP sei es ein Anliegen, sich rasch mit dem Bericht auseinanderzusetzen. Fakt sei, dass mit den Veranlagungen 600 Millionen Euro Gewinn erzielt worden sei. Die Nichterreichung des Ziels sei auch laut Rechnungshofpräsident Moser kein Verlust. Der Landtag habe gemäß den Vorgaben hervorragend gearbeitet und eine äußerst solide Basis für die Zukunft gelegt. Von 16 Empfehlungen des Rechnungshofes seien 13 bereits umgesetzt oder in Umsetzung begriffen.

Abgeordneter Erich   K ö n i g s b e r g e r  (FP) sagte, dass die „wunderbare Wohnbaugeld-Vermehrung" zum „größten Finanzskandal in Niederösterreich" geworden sei. Die Kritik von Pröll und Sobotka am Rechnungshof sei unverständlich. Auch die VP sollte die Erkenntnisse des unabhängigen Rechnungshofes zur Kenntnis nehmen und daraus Konsequenzen ziehen statt Realitätsverweigerung zu betreiben. Nur ein Untersuchungsausschuss könne endlich Licht in das Dunkel bringen. Seine Fraktion verlange einen kontrollierten Ausstieg aus den Hochrisikogeschäften.

Abgeordnete Dr. Helga   K r i s m e r - H u b e r   (G) meinte, Landeshauptmann-Stellvertreter Sobotka habe im Ausschuss „durch Abwesenheit geglänzt".

Präsident Ing. Hans   P e n z   (VP) erklärte, Regierungsmitglieder könnten nur aufgrund eines Landtagsbeschlusses zu Ausschusssitzungen beigezogen werden, der sei nicht vorgelegen.

Abgeordnete Dr. Helga   K r i s m e r - H u b e r   (G) fuhr fort, man spekuliere nicht mit öffentlichen Geldern. Bis Ende 2008 habe man eine Milliarde Euro verspekuliert. Das bedeute 272 Euro pro Minute. Der politischen Verantwortung habe man sich in Niederösterreich nie gestellt. Man habe sich verspekuliert und trotzdem spekuliere man weiter. Ihre Fraktion wolle eine ordentliche Sozialpolitik machen.

Abgeordneter Emmerich   W e i d e r b a u e r   (G) meldete sich zu einer tatsächlichen Berichtigung und stellte fest, dass es keinen gemeinsamen Antrag der SP, FP und der Grünen zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gebe.

Abgeordneter Mag. Kurt   H a c k l   (VP) sagte, der Rechnungshofbericht wäre ein guter Anlass gewesen, sachlich über dieses Thema zu diskutieren. Aber die Opposition sehe keinen Grund dafür, denn für die Opposition gehe Parteipolitik vor Landespolitik. Der Rechnungshof habe die Aufgabe zu prüfen und nicht Politik zu machen. Der Landtag hätte seine Aufgaben in Sachen Veranlagungen gemacht. Ohne die Veranlagungen hätte man nicht den Unternehmen helfen können und es gebe auch keinen Gratiskindergarten für Zweieinhalbjährige.

Klubobmann Gottfried   W a l d h ä u s l   (FP) vertrat die Ansicht, der Rechnungshof als oberstes Kontrollorgan bestätige den Verlust von einer Milliarde. Die VP könne mit Kritik nicht umgehen. Alles was vom Rechnungshof komme, werde kritisiert und man nehme das Ergebnis nicht zur Kenntnis. Ein Untersuchungsausschuss solle politische Aufklärung darüber geben, wann wer gewisse Entscheidungen getroffen habe. Denn der Rechnungshof habe festgestellt, dass entgegen der Beschlüsse des Landtages der Weg verlassen worden sei. Er hielt fest, dass Geld fehle und man so wie bisher nicht mehr weitermachen könne. Der Rechnungshof habe „einen Wink mit dem Zaunpfahl" gegeben und es wäre die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses von Nöten.

Klubobmann Mag. Günther   L e i c h t f r i e d   (SP) wandte sich zuerst an Abgeordneten Hackl, einen seiner Vorredner, und kritisierte, dass dieser in seinen Ausführungen alle anderen Parteien belehrt habe. Punkto Rechnungshofendbericht meinte er, dass dessen Inhalt für seine Fraktion nicht sehr überraschend sei. Allerdings werde es so dargestellt, als ob der Bericht für die Veranlagung positiv wäre. Man müsse sich daher fragen, warum die VP den Bericht nicht zur Kenntnis nehmen wolle. Er meinte, dass ein Fehlbetrag in der Höhe von rund einer Milliarde Euro zu verzeichnen sei und dass seinerzeit ein Veranlagungsziel beschlossen wurde, das nicht erreicht wurde. 2004 sei im Landtag der Beschluss gefasst worden, mittelfristig einen Kapitalerhalt anzustreben. Dieser sei nicht gegeben, man lebe aktuell von der Substanz bzw. kämen 44 Prozent der Ausschüttungen aus dieser Substanz. Gemeinsam mit FP und Grünen brachte er einen Antrag ein, gemäß dem der Landtag den Rechnungshofbericht inhaltlich zur Kenntnis nehmen solle. Gemeinsam mit der FP forderte er die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Im Hinblick auf letzteren führte er aus, dass seitens der Grünen hiezu keine Rückmeldung erfolgt sei.

Abgeordnete Dr. Helga   K r i s m e r - H u b e r   (G) meldete sich zu einer tatsächlichen Berichtigung und sagte, dass ihre Fraktion dem Untersuchungsausschuss schon zugestimmt hätte, dass jedoch von den Grünen der Vorschlag gekommen sei, auch Landeshauptmann-Stellvertreter Leitner sollte seinen Sessel räumen.

Klubobmann Mag. Günther   L e i c h t f r i e d   (SP) meldete sich ebenfalls zu einer tatsächlichen Berichtigung und meinte, dass auf den den Grünen übermittelten Antragstext keine Rückmeldung erfolgt sei.

Abgeordneter Mag. Alfred   R i e d l   (VP) sagte, Klubobmann Waldhäusl habe „bewusst gelogen".

Zweiter Präsident Herbert   N o w o h r a d s k y   (VP) betonte, dieser Vorwurf sei sehr schwerwiegend, er würde eine andere Wortwahl treffen.

Abgeordneter Mag. Alfred   R i e d l   (VP) fuhr fort, der Rechnungshofpräsident habe drei Mal dezidiert geantwortet, es sei kein Verlust entstanden. Auch habe er bestätigt, die Sitzung des Rechnungshofausschusses sehr positiv erlebt zu haben. Die Botschaft aus dem Bericht seien drei Punkte: Erstens sei nichts verzockt worden, zweitens habe der Landtag rechtzeitig und ausreichend gehandelt und sei immer informiert gewesen, drittens liege der Ertrag bei 600 Millionen Euro und damit deutlich über der Sparbuch-Variante. Eine Abrechnung zu einem anderen Zeitpunkt hätte auch eine ganz andere Performance ergeben. Niemand stelle den Rechnungshof in Frage, Kritik an missverständlichen Formulierungen sei aber keine Majestätsbeleidigung. Zudem sei die Frage berechtigt, wer die Prüfer prüfe. Er sei dankbar, dass sich der Rechnungshofpräsident Zeit genommen habe und die Sache nunmehr ausdiskutiert sei. Es gebe keinen Bedarf an einem Untersuchungsausschuss.

Abgeordnete Dr. Helga   K r i s m e r - H u b e r   (G) meinte, die Informationen an die Abgeordneten seien in jedem Fall verbesserungswürdig. Sie ersuche um eine Informationsveranstaltung der FIBEG im September.

Klubobmann Gottfried   W a l d h ä u s l   (FP) sagte, der Rechnungshofpräsident habe bestätigt, dass eine Milliarde fehle. Er trat dafür ein, den Bericht auch inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen.

Klubobmann Mag. Klaus   S c h n e e b e r g e r   (VP) betonte, man übernehme die Hauptverantwortung für die Veranlagung im Wissen, dass kein Euro verspekuliert oder verzockt worden sei. Es sei eine Rendite von 1,18 Prozent erreicht worden. Man werde den Bericht des Rechnungshofes nicht zur Kenntnis nehmen, sondern vom Bericht Kenntnis nehmen, weil man einige Punkte anders sehe als sie der Rechnungshof dargestellt habe.

Klubobfrau Dr. Madeleine   P e t r o v i c   (G) betonte, die Grünen beurteilten Spekulationen mit öffentlichen Geldern als nicht statthaft, weil sie die Möglichkeiten, eine antizyklische Budgetpolitik zu betreiben, schmälerten. 

Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Leichtfried, Waldhäusl, Dr. Krismer-Huber u. a. den Bericht des Rechnungshofes inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen, wurde abgelehnt. Der Antrag des Rechnungshofausschusses vom Bericht Kenntnis zu nehmen wurde mit Mehrheit angenommen. Der Antrag der Abgeordneten Mag. Leichtfried, Waldhäusl u. a. betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wurde abgelehnt.

 

Schluss der Sitzung!

 

 

 

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