20.05.2010 | 17:43

Sitzung des NÖ Landtages

Zwei Aktuelle Stunden

Der Landtag von Niederösterreich trat heute um 13 Uhr unter dem Vorsitz von Präsident Ing. Hans Penz zu einer Sitzung zusammen.

Abgeordnete Dr. Helga   K r i s m e r - H u b e r   (G) meldete sich zur Geschäftsordnung und forderte eine Abänderung der Tagesordnung dahingehend, dass der Antrag betreffend Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Klärung der politischen Verantwortung um die Entwicklung der Veranlagungen von Geldern des Landes Niederösterreich anstatt an letzter an erster Stelle behandelt würde.

Präsident Ing. Hans   P e n z   (VP) brachte daraufhin zur Kenntnis, dass besagter Antrag als letzter Punkt der Tagesordnung belassen werde.

Zu Beginn wurde eine Aktuelle Stunde zum Thema „Arbeitsplätze und Wirtschaft in Niederösterreich" abgehalten.

Abgeordnete Michaela   H i n t e r h o l z e r   (VP) betonte, dass die Konjunkturdelle in Niederösterreich inzwischen überwunden und die Talsohle scheinbar durchschritten sei. Am Arbeitsmarkt würde sich bereits ein positiver Trend zeigen, in diesem Monat sei die Arbeitslosigkeit in Niederösterreich erstmalig gesunken. Nach dem Motto „Wer rasch hilft, hilft doppelt" hätten die Konjunkturpakete in diesem Zusammenhang geholfen. Auch das NÖ Kreditsicherungsmodell habe sich bestens bewährt. Erfreulich sei, dass das an sich befristete Konjunkturprogramm zur Unterstützung der heimischen Wirtschaft fortgesetzt werde. Die Erweiterung der Haftungsübernahme verstärke diesen Schwerpunkt noch. Abschließend ging Hinterholzer auf fünf Felder ein, die man in Niederösterreich im besonderen Fokus habe. Sie nannte Technologie und Forschung, Unternehmenskooperation, die Erschließung neuer Hoffnungsräume, Umwelttechnologie und Bildung in diesem Kontext.

Abgeordneter Gerhard   R a z b o r c a n   (SP) merkte an, dass zwei Drittel der im Rahmen der Konjunkturpakete investierten 880 Millionen Euro aus Mitteln des Bundes stammten. Damit sei auch auf die Leistungen „einer von der SP geführten Bundesregierung hinzuweisen". Demgegenüber ortete er in diesem Bereich „Minderleistungen" der VP NÖ. Als Beispiele nannte er Kritik an einem Lehrwerkstättenprojekt in Schwechat, am Job-Patenschaften-Projekt für arbeitslose Menschen sowie die medial kolportierten Vorfälle rund um die Flughafen AG.

Abgeordneter Ing. Franz   R e n n h o f e r   (VP) schloss sich der Abgeordneten Hinterholzer an und meinte ebenso, dass die Konjunkturdelle in Niederösterreich nicht ganz so tief ausgefallen sei. Zudem komme Niederösterreich schneller wieder nach oben als andere Bundesländer. Bereits seit Mitte 2009 seien wieder Zuwächse zu verzeichnen. Als Ursachen für diese Erholung der Wirtschaft nannte er unter anderem die Stabilisierungsanstrengungen der öffentlichen Hand, die Konjunkturpakete, Maßnahmen bei der Wohnbauförderung oder auch im Energiebereich.

Abgeordnete Dr. Helga   K r i s m e r - H u b e r   (G) kritisierte den fehlenden Mut, den Finanzmarkt klarer in die Schranken zu weisen und verschiedenste Finanzprodukte vom Markt zu nehmen. In den Jahren 2006 bis 2008 sei in Österreich eine falsche Politik gemacht worden, da man versäumt habe, in den konjunkturstarken Zeiten mehr zu sparen. Letztlich hänge auch die Entwicklung der NÖ Wohnbauveranlagung von den internationalen Finanzmärkten ab.

Klubobmann Gottfried   W a l d h ä u s l   (FP) meinte, bisher könne kein Finanzexperte eine Lösung für die aktuelle Krise des Euro anbieten. Das nun vorgelegte und gestern im Nationalrat beschlossene Paket könne nicht greifen, da sich Griechenland in den letzten Jahren viel zu sehr verschuldet habe. Das Geld der NÖ Steuerzahler dürfe nicht nach Griechenland fließen, wo doch gerade jetzt in der Finanz- und Wirtschaftskrise jede Investition im eigenen Land dringend benötigt werde. Die größten Probleme Niederösterreichs seien der Lehrstellenmangel für junge Menschen, aber auch Probleme im Wintertourismus wie z. B. in Lackenhof. Daneben gebe es aber auch viele kleine Druckereien in Niederösterreich, die in ihrer Existenz gefährdet seien.

Abgeordneter Ing. Manfred   S c h u l z   (VP) kritisierte, dass bestimmte Abgeordnete und Parteien immer alles schlecht und krank redeten. Seit rund zweieinhalb Jahren gebe es starke wirtschaftliche Turbulenzen auf internationaler Ebene, die auch an Niederösterreich nicht spurlos vorbeigingen. Niederösterreich habe gezielte Maßnahmen gesetzt, um Arbeitsplätze zu schaffen und die Wirtschaft anzukurbeln. Die besten Beispiele dafür seien der Sanierungsbonus zur Verbesserung der Wärmedämmung, die Photovoltaikförderung oder die Aktion Sicheres Wohnen, womit Niederösterreich mehr Lebensqualität für seine Landsleute schaffe.

Abgeordneter Günter   K r a f t   (SP) meinte, viele Menschen in Niederösterreich seien von der internationalen Finanzkrise betroffen. Die Arbeitslosigkeit sei so hoch wie noch nie. In Summe seien in Niederösterreich 52.000 Menschen arbeitslos gemeldet. Das Land müsse weitere Anstrengungen unternehmen, um der Jugend eine neue Zukunftsperspektive anzubieten. Besonders die Gemeinden, die verstärkt von der Wirtschaftskrise betroffen sind, seien in den letzten Jahren immer der Wirtschaftsmotor für die regionalen Betriebe gewesen. Um die finanzielle Situation der Kommunen zu verbessern, solle ein Zukunftsfonds in der Höhe von 500 Millionen Euro vom Land gegründet werden.

Abgeordneter Jürgen   M a i e r   (VP) erklärte, die Aktuelle Stunde zu den Themen Wirtschaft und Arbeitsplätze solle dazu verwendet werden, um den Menschen Mut zu machen und sie über Maßnahmen zu informieren, die das Land in den nächsten Monaten zur Konjunkturbelebung plant. Die SP NÖ werde anlässlich der Wiener Wahl zur Pflichtverteidigerin der Wiener SP und habe sich von jeder politischen Arbeit verabschiedet.

Eine weitere Aktuelle Stunde zum Thema „Notwendige Reformen im Bildungsbereich - neue Chancen für unsere Kinder und Jugendlichen in Niederösterreich" folgte.

Klubobmann Mag. Günther   L e i c h t f r i e d   (SP) betonte, die großen Würfe und Visionen seien in der Schulpolitik bisher vermisst worden. Gerade in Niederösterreich ließen sich immer wieder ideologische Schranken erkennen. Angesichts der notwendigen Schlüsselqualifikationen der Schulabgänger und des Umstandes, dass familiäre Herkunft nach wie vor über den Bildungsstandard der Kinder entscheide, sei ein leistungsgerechtes und chancengleiches Bildungssystem unumgänglich. Die Lernwilligkeit der Kinder müsse bereits früh genützt werden. Es dürfe nicht zu früh selektiert werden, auch das Angebot an ganztägigen Schulformen sei viel zu gering. Die Schulverwaltung sei ebenfalls zu reformieren, bei der Bildung müsse es eine klare Bundeskompetenz geben.

Abgeordneter Karl   B a d e r   (VP) meinte, die SP versuche wieder „alte Hüte" zu verkaufen und „Zentralismus pur" zu fordern. Die Schulen vor allem in kleinen Gemeinden würden mit diesen Ideen massiv gefährdet, das widerspreche den Interessen des Landes. Kompetenz in Landeshand punkto Vollziehung und Ausführungsgesetzen bedeute eine erfolgsorientierte Zukunftspolitik für die Kinder und Jugendlichen. Die VP stehe für differenzierte Vielfalt und Wahlfreiheit, jedes  Kind verdiene seine individuelle Chance. Die Durchlässigkeit im Schulsystem inklusive leichteren Übertritten sei ein absolutes Muss. Die Nachmittagsbetreuung müsse ausgebaut werden, notwendig sei auch eine Sanierungsoffensive in den Bundesschulen.

Abgeordneter Josef   J a h r m a n n   (SP) sagte, die Wissensgesellschaft erfordere eine bestmögliche Ausbildung. Das sei mit einer herkömmlichen Halbtagsschule nicht mehr zu bewältigen. Wer sich gegen Ganztagsschulformen stelle, stelle sich gegen den Ausbildungsstandard der Kinder und den Willen der Eltern. Er sprach sich für eine offene, von jeder Ideologie befreite Diskussion im Sinne einer modernen und zeitgemäßen Schulpolitik aus.

Abgeordneter Emmerich   W e i d e r b a u e r   (G) kritisierte die ideologischen Unterschiede zwischen VP und SP, die „eine verfahrene Situation" erzeugt hätten. Den kürzlich im Landtagssaal abgehaltenen Redewettbewerb nannte er als ein Beispiel für die hervorragenden Leistungen der Schülerinnen und Schüler. Er forderte die Umsetzung der gemeinsamen Schule bis zum 14. Lebensjahr und meinte, es gehöre bei der Schnittstelle zwischen Kindergarten und Volksschule angesetzt.

Abgeordneter Ing. Martin   H u b e r   (FP) sagte, auf die Ausbildung der Jugend sollte vollstes Augenmerk gerichtet werden. Experimente am Rücken der Kinder seien absolut abzulehnen, ebenso politische Schnellschüsse. Die Anforderungen an Direktoren hätten sich sehr verändert, heutzutage müssten diese bereits Manager sein. Es könne auch nicht sein, dass die Lehrkräfte keinen adäquaten Arbeitsplatz in der Schule hätten. Die Hauptschulen bedürften einer dringenden Aufwertung. Wichtig sei für ihn auch das Bekenntnis zu leistungsorientierten Schulen.

Abgeordneter Konrad   A n t o n i   (SP) forderte, Reformen nach dem Grundsatz „gezielt fördern anstelle von selektieren". Gerade die ersten Jahre seien entscheidend für den späteren Schulerfolg. Die größte Herausforderung der nächsten Jahre im Schulbereich sei, wie es mit den Schülerzahlen weitergehe. In allen Bezirken Niederösterreichs müssten die Hauptschulen große Rückgänge bei den Schülerzahlen hinnehmen. Mit dem weiteren Ausbau des Erfolgsmodells Neue Mittelschule könne diesem Trend entgegengewirkt werden. Investitionen in die Bildung seien immer auch Investitionen in die Zukunft. Der Unterricht an den Handelsakademien etwa sei mit entsprechenden zukunftsweisenden Fächern aufzuwerten; man könne Energiekaufleute und -techniker ausbilden. Man brauche mehr Bildung in allen Regionen, jedes Kind solle beste Chancen auf Bildung und Ausbildung in seiner jeweiligen Bildungsregion vorfinden.

Abgeordneter Ing. Andreas   P u m   (VP) ging dezidiert auf die Berufsschulen ein, die von 35 Prozent der jungen Menschen besucht würden. Die duale Ausbildung werde hervorragend genutzt, auch bei internationalen Lehrlingswettbewerben sei Niederösterreich stets vorne dabei. Bildung steigere den Wert einer gesamten Region - Niederösterreich sei eine Top ten-Region und zeige damit, dass das System funktioniere. In Niederösterreich sei die Ausbildung auf einem sehr hohen Niveau. Weiters sprach er von der Notwendigkeit der Weiterentwicklung bzw. der Vernetzung verschiedener Schultypen.

Landesrat Mag. Johann   H e u r a s   (VP) brachte seine Sicht der Dinge zu diesem Thema vor und meinte, man habe ein Bildungskonzept entwickelt, das viele gute Diskussionspunkte biete. Er gab dem Abgeordneten Leichtfried insofern Recht, als auch er die Bildung als Motor der Entwicklung bezeichnete und von Chancengerechtigkeit anstelle von Chancengleichheit sprach. Allerdings regte Heuras an, in diesem Zusammenhang nicht nur von „Namen" bzw. Organisationsstrukturen, sondern von Inhalten zu sprechen. Er bekenne sich zum differenzierten Schulsystem, das leistungsbezogen ist und dazu, dem Einzelnen seine individuelle Chance in diesem System zu geben, man müsse die Talente der Kinder erkennen und fördern. Weiters müsse der Paradigmenwechsel fortgesetzt und den Direktoren mehr Kompetenz bzw. mehr Schulautonomie zuerkannt werden. Die Haupt- oder Mittelschule dürfe nicht zu einer Sackgasse der Bildung werden. Heuras sprach sich gegen Selektionierungen aus und befürwortete „bildungspolitische Drehscheiben" in den Regionen für die 10- bis 14-Jährigen. Auch zum Thema Schnittstelle Kindergarten - Volksschule fand Heuras Worte und meinte, dass der Informationsaustausch vorangetrieben werden müsse und es beispielsweise bereits so genannte „Übertrittsgespräche" gebe. Hinsichtlich des schulpsychologischen Dienstes bzw. der Schulsozialarbeit hielt er fest, dass das Land Niederösterreich hiefür bereits 1 Million Euro ausgebe. Mehr Zentralismus schließlich wäre, so Heuras, für das Schulsystem in Niederösterreich kein guter Schritt.

Die weitere Berichterstattung findet man unter http://www.landtag-noe.at/service/politik/landtag/NLK/LANDTAG20100520.doc

 

 

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