06.07.2001 | 00:00

„Ohne Ausbau der Infrastruktur läuft gar nichts“

Podiumsdiskussion der NÖ Landesakademie

„Staus von heute sind die Unterlassungssünden der Infrastrukturpolitik von gestern. Staukosten daher den Betroffenen anzulasten, ist eine ‚Haltet den Dieb-Taktik‘“, analysiert der Chef des Speditionsunternehmens Kühne & Nagel und Präsident der Bundesvereinigung Logistik Österreich, Kommerzialrat Friedrich Macher.

Eine „Königsidee“ zur Lösung des nahezu täglichen Verkehrschaos ist dringend gefragt, die allerdings, so Experten, angesichts der steigenden Wachstumsprognosen nicht so rasch zu erwarten sein wird. Die NÖ Landesakademie lud gestern im Rahmen ihrer Trendreihe „Zukunft im Kopf“ prominente Fachleute zum Vordenken über „Strategien gegen Speedkult und Staus“ ins NÖ Pressehaus ein.

Prognosen lassen auch eine Verdoppelung des Flugverkehrs bis 2015 erwarten. Das heißt für den Flughafen Wien, dass rund 25 Millionen Passagiere und 404.000 Tonnen Fracht pro Jahr am Boden und in der Luft abgefertigt werden müssen. Bis 2007 soll ein neues Terminal errichtet werden, das für rund 20 Millionen Passagiere geplant ist und ab 2010 soll eine weitere Start- und Landebahn zur Verfügung stehen. Entscheidend ist aber weiters der rasche Ausbau der Flughafen-Bahn, um eine öffentliche Verkehrsanbindung auf einem international üblichen Standard anbieten zu können.

Die Flughafenanbindung steht auch für das Land Niederösterreich ganz weit oben auf der Prioritätenliste. Dazu kommen, so der oberste Verkehrsplaner des Landes, Univ. Prof. Fritz Zibuschka, im Bereich der Infrastruktur, wo „ein enormer Nachhohlbedarf besteht“, der Ring um Wien, die Nordautobahn, die Verbindung nach Bratislava (Straße) und im Bereich der Schiene der viergleisige Ausbau der Westbahn, der Knoten Wien (Durchgangsbahnhof/Kopfbahnhof) und die Nordbahn sowie der Donauausbau. Die Strategie dürfe nicht mehr heißen „Schiene statt Straße, sondern Schiene und Straße“. Auch Zibuschka sieht in einem Mix von intelligenten Lösungsansätzen die größte Chance (z.B. Rufbusse, Rufzüge, Fahrerassistenzsysteme, Verkehrsleitsysteme im hochrangigen Straßennetz). Bewusstseinsbildende Maßnahmen und modernes Verkehrsmanagement sind aber auf allen Ebenen gefragt und können auch vor Ort bestens funktionieren, wie das Modell Verkehrsspargemeinde Langenlois zeigt.

Wie wichtig das Thema Infrastruktur für den Verkehrssektor ist und noch werden wird, bekräftigt auch eine Delphi-Studie der ÖAMTC-Akademie. Dazu die Geschäftsführerin Dr. Christine Zach: „Einem prognostizierten Wachstum von europaweit durchschnittlich 20 Prozent der Verkehrsleistung im motorisierten Individualverkehr bis zum Jahre 2010 und von 40 Prozent im Straßengüterverkehr steht eine Kapazitätserweiterung im hochrangigen Straßennetz von lediglich 10 Prozent gegenüber.“ Und diese Schätzungen seien angesichts der aktuellen Entwicklungen und der bevorstehenden EU-Osterweiterung durchaus als vorsichtig einzustufen, so Zach.

Für den Stressforscher und Anthropologen Dr. Klaus Atzwanger liegen die Gründe für die Zunahme des motorisierten Individualverkehrs und damit der Stressphänomene durch die physische und psychische Belastung tiefer. Er erklärt sich das Mobilitäts- und Speedbedürfnis der Menschen mit Streben nach Status und Ressourcenmonopolisierung. Primär technische Überlegungen greifen damit zu kurz.

Informationen: NÖ Landesakademie, Telefon 02742/294-17403, edith.mair@noe-lak.at.


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