26.03.2009 | 18:23

Sitzung des NÖ Landtages

Aktuelle Stunden zu Jugendarbeitslosigkeit und Schulreform

Der Landtag von Niederösterreich trat heute um 13 Uhr unter dem Vorsitz von Präsident Ing. Hans Penz zu einer Sitzung zusammen.

Zu Beginn der Sitzung wurde auf Antrag der Abgeordneten Ing. Huber u. a. eine Aktuelle Stunde zum Thema „Bedrohlicher Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit in Niederösterreich" abgehalten.

Abgeordneter Ing. Martin   H u b e r   (FP) sprach von einer „explodierenden Jugendarbeitslosigkeit" bzw. einem Anstieg von 36 Prozent. In diesem Zusammenhang forderte er unter anderem „Sozialstaat statt Zuwanderung" und meinte, dass man hierzulande keine „Gastarbeitslosen" benötige. Man könne sich die Zuwanderung nicht mehr leisten. Unter den von ihm formulierten Forderungen fanden sich auch eine Anpassung des Arbeitsrechts, eine so genannte Teilzeitlehre sowie bessere Informationen für die Jugendlichen. „Diese Maßnahmen kosten Geld, das uns die Zukunft unserer Jugend aber wert sein muss", so Huber.

Abgeordnete Amrita   E n z i n g e r    (G) meinte, dass man das wichtige Thema Jugendarbeitslosigkeit nicht populistisch, sondern ernsthaft angehen müsse. Die Jugendarbeitslosigkeit bewirke, dass junge Menschen sich nicht verwirklichen und nicht Fuß fassen können und gesellschaftlich auch nicht integriert seien. In der aktuellen Krise gelte es zu erkennen, dass Bildung ein enormes Potenzial sei und in die Jugend investiert werden müsse. Zudem sei es wichtig, die Jugend in den Regionen zu halten. Dagegen dürfe man die Jugendlichen keinesfalls in Billigsegment-Jobs treiben; es müssten entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen werden. Sie sei sicher, dass die Jugendarbeitslosigkeit in den Griff zu bringen sei. Dies könne jedoch nicht durch ein „Zurückschicken" Jugendlicher geschehen, wie es jüngst von Landesrätin Rosenkranz gefordert wurde. Die Regierung müsse stattdessen in Bildung und öffentlichen Verkehr investieren.

Abgeordneter Edmund   T a u c h n e r   (FP) sagte, die Arbeitslosigkeit in Niederösterreich liege über dem Bundesdurchschnitt. Vor allem die 20- bis 24-Jährigen seien von der Arbeitslosigkeit besonders betroffen. Daher schlage die FP eine tiefgehende Bildungsreform und einen sofortigen Zuwanderungsstopp vor. Bereits seit Jahren nehme die Qualität und die Leistungsfähigkeit der Schulabgänger immer weiter ab. Auch der Ausbau der niederösterreichischen Kindergärten müsse zusätzliche Jobs für Kinderpädagoginnen und Kinderbetreuerinnen bringen. Zudem lösten die neu errichteten Kindergärten bzw. Kindergartengruppen einen wichtigen Impuls in der Bauwirtschaft aus.

Abgeordneter Rupert   D w o r a k   (SP) meinte, Niederösterreich lebe von seiner Wettbewerbsfähigkeit sowie von gut ausgebildeten und engagierten Menschen. Dieser Grundsatz gelte trotz der von Amerika ausgehenden Finanz- und Wirtschaftskrise, die mittlerweile Österreich erreicht habe, und verantwortlich dafür sei, dass die Arbeitslosigkeitsrate in ganz Europa seit November 2008 steige. Mittlerweile seien fast 8.700 Jugendliche in Niederösterreich arbeitslos, 37 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Unter Berücksichtigung der Teilnehmer bei den AMS-Schulungen würden sogar 11.400 Jugendliche von Arbeitslosigkeit betroffen sein. In diesem Zusammenhang forderte er eine Ausbildungsgarantie für alle Jugendlichen, einen Zukunftsfonds, überbetriebliche Lehrwerkstätten in jedem Landesviertel und eine NÖ Holding, die in Schwierigkeiten geratenen Unternehmen finanziell hilft.

Abgeordneter Mag. Lukas   M a n d l   (VP) meinte, ganz Europa befinde sich in einer beispiellosen Wirtschaftskrise. Auf Initiative von Landeshauptmann Pröll habe Niederösterreich frühzeitig effiziente Maßnahmen ergriffen und das Land zu einer sozialen Modellregion ausgebaut. Beispiele dafür seien das Beschäftigungsmodell „Start up" des Vereins „Jugend und Arbeit" sowie das Lehrlingsauffangnetz, das von 1.200 auf 1.500 Plätze ausgebaut werde. Aufgrund dieser vielen Initiativen hätten es die Jugendlichen im Land besser als im übrigen Europa. In Niederösterreich liege die Jugendarbeitslosigkeit im europaweiten Vergleich an der zweitbesten Stelle. Die beste Prävention gegen Arbeitslosigkeit sei eine umfassende Ausbildungsoffensive. In diesem Zusammenhang sei auch den LehrerInnen zu danken, die wertvolle Arbeit bei der Ausbildung in den Schulen leisten.

Klubobmann Gottfried   W a l d h ä u s l   (FP) meinte, die FP zeige nicht nur die Probleme bei der Jugendarbeitslosigkeit auf, sondern schlage auch Lösungen unter dem Motto „Ausbildung statt Zuwanderung" vor. Auch die Frage der Lehrwerkstätten sei zu überdenken. Gemäß der Maxime „Ausbildung statt Zuwanderung" forderte er eine Förderung von Zusatzqualifikationen und eine Imagesteigerung im Lehrbereich. Zudem sehe etwa das spanische Modell eine Unterstützung rückkehrwilliger Ausländer vor.

Abgeordnete Mag. Karin   R e n n e r   (SP) meinte, Niederösterreich habe bereits zahlreiche Initiativen gesetzt, die sich mittel- und langfristig positiv auswirken. Der Zusammenhang zwischen geringer Bildung und hoher Arbeitslosigkeit sei evident. Das von der FP angeführte Migrantenproblem sei konstruiert. Der Mensch sehe sich nach Anerkennung, gerade junge Menschen bräuchten davon noch mehr als Erwachsene.

Abgeordneter Emmerich   W e i d e r b a u e r   (G) sagte, die FP betreibe frustrierende und beschämende „Angstmache", die VP demgegenüber inhaltsloses „Schönreden". Der Zusammenhalt zwischen Wirtschaft und Schule funktioniere schon länger nicht mehr.

Abgeordneter Mag. Karl   W i l f i n g   (VP) führte aus, von der FP könne man sich zumindest erwarten, sich über die Programme in Niederösterreich zu informieren. Kein anderes Land habe bereits drei Konjunkturpakete beschlossen. Falls notwendig, werde es im Herbst weitere diesbezügliche Maßnahmen geben.

Klubobmann Gottfried   W a l d h ä u s l   (FP) nannte es „eine Schande für den Landtag", dass sich sein Vorredner über Karl Schwab lustig gemacht habe.

Präsident Ing. Hans   P e n z   (VP) betonte, diese Wortwahl stehe ihm nicht zu und erteilte Abgeordnetem Waldhäusl einen Ordnungsruf.

Eine weitere Aktuelle Stunde auf Antrag der Abgeordneten Bader u. a. befasste sich mit dem Thema „Schulreform - mehr Qualität für Kinder und Lehrer - Chance für den Föderalismus".

Abgeordneter Karl   B a d e r   (VP) eröffnete die Diskussion mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit einer breiten Auseinandersetzung mit dem Thema Bildung. Niederösterreich gehe einen eigenständigen Weg, wo der Bund nicht die besten Lösungen für die Menschen anbiete. Die Bundesministerin betreibe eine „Menschenhatz", in der die Lehrer öffentlich als faul und unfähig dargestellt werden. Er betonte, dass Bildungsministerin Schmied in Wahrheit lediglich das Gesamtschul-Modell durchsetzen wolle. Zudem meinte er, dass zahlreiche Eltern heutzutage den Druck auf ihre Kinder höher schrauben und erwarten würden, dass diese Erfolge brächten, die sie selbst einst nicht hatten. Viele Kinder würden mit Perfektionsgelüsten überschüttet werden. Die Schule leide an einem Überforderungssyndrom, von den LehrerInnen werde zuviel verlangt. Für die Zukunft müsse die Wahlfreiheit der Ausbildungslaufbahn ein Grundkriterium bleiben. Weiters sei die Ausbildung aller PädagogInnen adäquat zu gestalten, wobei der Bund gefordert sei. Zuletzt meinte Bader, dass die LehrerInnen mehr Unterstützung bräuchten. Er sei sicher, dass unter Bildungs-Landesrat Heuras die richtigen Weichen gestellt würden.

Abgeordneter Emmerich   W e i d e r b a u e r   (G) meinte, das der Großteil der LehrerInnen hervorragende Arbeit leiste. Er kritisierte, dass sich die VP als „Förderin und Beschützerin" der LehrerInnen darstelle, wobei die Schule bereits in der Ära Gehrer/Schüssel „ins Hintertreffen geführt" worden sei. Zum damaligen Zeitpunkt seien, so Weiderbauer, nur schlechte Reformen durchgeführt worden. Gerade im Bildungsbereich dürften keine Abstriche im Budget gemacht werden. Qualitätssteigerungen sowohl für SchülerInnen als auch für LehrerInnen seien zu befürworten. Die Umschichtung der Kompetenzen in Landeshand befürwortete Weiderbauer nur bedingt. Landesrat Heuras wurde vom Abgeordneten aufgefordert, gemeinsam mit dessen Kollegen in den übrigen Bundesländern ein neues Bildungssystem auszuarbeiten; so könnte Niederösterreich ein weiteres Mal Vorreiter sein. Abschließend bedauerte Weiderbauer die Entwicklungen im Hinblick auf die Ybbstalbahn, weshalb er von Präsident Penz zur Ordnung gerufen wurde.

Klubobmann Helmut   C e r w e n k a   (SP) sagte, Ministerin Schmied sei mit dem Vorschlag, die Lehrverpflichtung der Lehrer um 2 Stunden zu erhöhen, in eine Diskussion eingestiegen, bei der immer die Jugend im Mittelpunkt stehen müsse. Während es unter Ministerin Gehrer einen massiven Bildungs- und Stellenabbau in den Bildungseinrichtungen gegeben habe, gehe Ministerin Schmied mit einem offensiven Programm in die Öffentlichkeit. In diesem Zusammenhang forderte er das Land Niederösterreich auf, den Reformkurs von Ministerin Schmied zu unterstützen, da es um die Chancen und Möglichkeiten der Kinder und Jugendlichen gehe. Bereits in der Vergangenheit habe die Senkung der Klassenschülerhöchstzahl neue Lehrerdienstposten für Niederösterreich gebracht. Niederösterreich habe, so Cerwenka, ein dichtes Netz an qualifizierten Bildungsangeboten, was mit einer Bildungsoffensive von 500 Millionen Euro noch umfangreicher werden solle.

Abgeordneter Ing. Martin   H u b e r   (FP) forderte er „Chancengleichheit für alle Kinder". Dabei müsse in den Schulen der Grundsatz „fördern und fordern" noch mehr als bisher gelebt werden. In Niederösterreich gebe es heuer um 15 Prozent weniger Jugendliche in Schulen als im Jahr 2001. Der Anteil der Jugendlichen mit nicht deutscher Muttersprache belaufe sich auf 7,8 Prozent. In diesem Zusammenhang forderte er, vor Schuleintritt die Deutschkenntnisse zu überprüfen.

Abgeordneter Jürgen   M a i e r   (VP) bezeichnete die Aussagen seines Vorredners als „gefährlich, da diese nicht dem Stil des Landtages entsprechen". In vielen Schulen sei die Zuwanderung kein Thema, da es in Niederösterreich starke regionale Unterschiede gebe. Daher dürfe es keine Verallgemeinerungen geben, und eine differenzierte Sichtweise bei der Bildung und beim Föderalismus sei notwendig. Die Intention von Ministerin Schmied, die Lehrverpflichtung um 2 Stunden zu erhöhen, verfolge das Ziel, die Gesamtschule zu verwirklichen. Ziel des Landes Niederösterreich im Bildungsbereich sei es, Schulstandorte zu sichern, Junglehrern Arbeitsplätze anzubieten, die Schulverwaltung zu dezentralisieren und beim Bildungsmanagement auf regionale Gegebenheiten einzugehen. Sowohl die Abwanderung in den Grenzregionen als auch die Zuwanderung im Wiener Umland könnten zu Problemen im Bildungsbereich führen. Das Problem könne nicht mit einer zentralistischen, sondern nur mit einer individuellen und regionsspezifischen Bildungspolitik gelöst werden. Probleme in Wien dürften nicht zu Problemen von ganz Österreich gemacht werden. Durch einen föderalen Ansatz könne die NÖ Bildungspolitik noch aktiver als in den letzten Jahren gestaltet werden. In Niederösterreichs Schulen müsse Qualität und dürfe nicht der Rechenstift regieren.

Abgeordneter Mag. Günther   L e i c h t f r i e d   (SP) sprach von einer „in ihrem Vorpreschen nicht sehr gut beratenen" Bundesministerin, deren Forderungen aber durchaus berechtigt und visionär seien. Jedes Thema auf Immigration zu reduzieren, wie die FP dies tue, sei nicht haltbar. Man müsse erst sehen, wie sich das NÖ Modell bewähre und ob dieser Alleingang nicht ein Chaos auslöse. Die VP-dominierte Standesvertretung habe jahrelang jede Bildungsreform blockiert. 12 verschiedene Bildungssysteme und 8 verschiedene Lehrpläne in Österreich hätten keinen Sinn. Die Probleme seien nicht isoliert zu lösen.

Abgeordneter Karl   B a d e r   (VP) meinte in einer tatsächlichen Berichtigung, das Wort von der 68er-Bildungspolitik sei ein Zitat gewesen.

Klubobmann Gottfried   W a l d h ä u s l   (FP) sagte, wenn schon Reform, dann eine grundlegende. Man könne nicht einfach eine ganz Berufsgruppe vor den Kopf stoßen. Es gehe aber nicht nur um die Befindlichkeit der Lehrer, sondern z. B. auch um die Lehrerfortbildung während der Schulzeit etc. Parteipolitik habe dabei nichts verloren. Ein Kompetenztransfer der Lehrer zur Gänze in die Länder lasse einem gelernten Niederösterreicher Schlimmes befürchten.

Landesrat Mag. Johann   H e u r a s   (VP) betonte, in Sachen Schule gebe es in Niederösterreich eine hohe Qualität. Die Zwei-Stunden-Diskussion habe dieser Qualität jedoch geschadet. Durch diese Diskussion seien viele enorm verunsichert und demotiviert worden. Er schlage vor, die Situation zu ergreifen und eine echte Strukturreform des Bildungs- und Schulsystems anzugehen. So sollten die Lehrerinnen und Lehrer durch mehr Sozialarbeiter-Unterstützung und mehr psychologische Unterstützung entlastet werden. Weiters gebe es Handlungsbedarf bei der Infrastruktur für die Lehrer. Außerdem solle die Autonomie der Schulen gestärkt werden. In der Ausbildung sollte endlich Klarheit geschaffen werden. Außerdem brauche es ein neues Dienstrecht. Wenn man es mit dieser Strukturreform ernst meine, sei Zentralismus die „falsche Ansage". Das Land Niederösterreich habe in der Vergangenheit bewiesen, dass es in der Lage sei, einen eigenständigen Weg zum Wohl seiner Bürgerinnen und Bürger zu gehen.

 

Die weitere Berichterstattung von der Sitzung des NÖ Landtages unter:

www.landtag-noe.at/service/politik/landtag/NLK/LANDTAG20090326.doc

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