15.05.2001 | 00:00

„Föderalismus und Demokratie“-Kolloquium in Krems

Pröll: Strukturreformen müssen identitätsstiftend sein

Neue Strukturen müssen identitätsstiftend sein. Diesen Appell stellte gestern Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll in das Zentrum seiner Ausführungen beim Kolloquium „Föderalismus und Demokratie“ an der Donau-Universität Krems. Sowohl bei der Bundesstaats- als auch bei der Verwaltungsreform dürfe nicht jeder Reformschritt nur aus der Warte der Finanzpolitik gesehen werden. In einer gut funktionierenden Demokratie sei das Vertrauen des Bürgers zu Institutionen und politischen Einrichtungen ebenso wichtig. Strukturreformen müssen an den Bedürfnissen der Bürger orientiert sein. Insbesondere im Hinblick auf die Dienst- und Serviceleistung der Verwaltung sei Augenmaß, Sensibilität und ein ausgewogenes Mittelmaß nötig, kosteten föderale Strukturen doch auch Geld.

Bei der Hinterfragung vorhandener Strukturen in Österreich habe er, so Pröll weiter, das Gefühl, dass zentralistische Tendenzen lauter vernehmbar seien. Auch in Brüssel scheinen zentralistische Kräfte die Oberhand zu gewinnen. In Zeiten eines größeren, abwechslungsreicheren, aber auch von divergierenden Interessen gekennzeichneten Europa wäre die Schweiz ein idealer Verbündeter, um praktiziertem Föderalismus zum Durchbruch zu verhelfen, so Pröll abschließend.

Adolf Ogi, ehemaliger Bundespräsident der Schweizer Eidgenossenschaft, führte aus, es sei keine Selbstverständlichkeit, dass die Schweiz mit vier Kulturen bzw. Sprachen und 26 Kantonen seit 1848 in Frieden und Freiheit lebe. Gelebte Neutralität, direkte Demokratie, Subsidiarität von unten nach oben und Föderalismus bedeuten, alles zuerst auf der Ebene der Familie, dann der Gemeinde und des Landes zu regeln. Inmitten der strategischen Zielsetzung eines Schweizer EU-Beitritts würde eine Abstimmung heute noch negativ ausgehen. Die Schweizer hätten zum einen noch das Sanktionsverhalten der EU gegenüber einem kleinen Land in Erinnerung, zum anderen wisse man auch nicht, in welche Richtung Brüssel gehe. Wenn die EU nicht Respekt vor dem Föderalismus habe, sondern den Weg des Zentralismus gehe, werde die Schweiz noch lange abseits stehen, so Ogi.


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