07.03.2001 | 00:00

Zwangsarbeit – ein Hauptthema für das NÖ Landesarchiv

Zwangsarbeits-Bestätigungen haben sprunghaft zugenommen

2.165 Zuschriften aus den ehemaligen Teilstaaten der UdSSR (Rußland, Ukraine, Weißrußland) sowie aus Polen, Ungarn und Tschechien langten im Vorjahr beim NÖ Landesarchiv mit dem Ansuchen ein, Bestätigungen für geleistete Zwangsarbeit in „Niederdonau“, wie Niederösterreich in der NS-Zeit hieß, auszustellen. In den ersten beiden Monaten des heurigen Jahres alleine wurden bereits 1.400 Ansuchen registriert. Stärkster Tag bisher war der 1. März mit 80 Ansuchen. Das NÖ Landesarchiv, dessen Leiter Hofrat Dr. Anton Eggendorfer von der NÖ Landesregierung zum Landesbeauftragten für Zwangsarbeits-Angelegenheiten bestellt wurde, hat die meiste Arbeit aller Bundesländerarchive zu leisten: Rund 280.000, ein Drittel aller Zwangsarbeiter, die in der gesamten „Ostmark“ zum Einsatz kamen, wurden in Niederdonau registriert. Grund dafür waren die starke landwirtschaftliche Struktur sowie die vielen Rüstungsbetriebe. Insgesamt waren es 148.000 Zivilarbeitskräfte, 47.000 Kriegsgefangene, rund 50.000 ungarische Juden und 30.000 KZ-Häftlinge, die in Niederdonau zum Arbeitseinsatz kamen. Nach Schätzungen der österreichischen Historikerkommission dürften davon noch etwa 50.000 am Leben sein. Die zivilen Arbeitskräfte, die in den ersten Kriegsmonaten auch fallweise angeworben, am Höhepunkt des Krieges aber zwangsweise rekrutiert wurden, bewegten sich in der Regel zunächst frei und wurden auch mit etwa 80 Prozent dessen entlohnt, was ein einheimischer Arbeiter erhielt.

„Die Nachforschungen über Arbeitsverhältnisse sind schwierig und der Erfolg von der Quellenlage abhängig“, berichtet Landesbeauftragter Dr. Eggendorfer. „Wir sind aber mit unserem Projekt, in einer Datenbank alle Quellen zu erfassen, schon sehr weit gekommen. Derzeit gibt es 16.000 Namen, die erfasst sind. Weitere Quellen, etwa Arbeitsbücher großer Industriebetriebe und Meldekarten von Wohnanlagen bei Rüstungsfirmen sind noch zu erfassen. Im Landesarchiv sind sechs Arbeitskräfte für die nächsten zwei Jahre nahezu ausschließlich mit dieser Materie beschäftigt“, berichtet Eggendorfer.

Die Zahl der Ansuchen begann stark anzuwachsen, als Dr. Maria Schaumayr zur Regierungsbeauftragten bestellt wurde, um eine endgültige Lösung des Zwangsarbeiterproblems herbeizuführen. Nicht nur das Landesarchiv, auch die Bezirkshauptmannschaften und Gemeinden werden mit derartigen Anfragen überschwemmt, haben aber ihre Anfragen beim Landesbeauftragten bekanntzugeben. Hinter den meisten Anfragen stehen die Nationalstiftungen der betreffenden Länder, über die auch letztlich die als berechtigt erkannten Auszahlungen erfolgen werden: 20.000 Schilling für jene, die in der Landwirtschaft tätig waren, 35.000 für ehemalige Arbeiter in Gewerbe und Industrie und 105.000 Schilling für KZ-Häftlinge. Diese allerdings werden von Deutschland entschädigt. „Damit soll weniger die Lohnminderung abgegolten werden, als vielmehr das erduldete Leid, das mit einer Verschleppung verbunden war“, so Eggendorfer. Als Stichtag für Entschädigungen gilt der 15. Februar 2000, die Einreichungsfrist läuft Ende 2002 aus. Am Ende des Gesamtprojektes steht die Erstellung einer Studie über Zwangsarbeit in Niederdonau, die in absehbarer Zeit vorliegen soll.


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